Verschmitzt und zugenäht

Aufräumen? Ja bitte, gern.

Aufräumen auf meine Schmitzensart.

Neues Jahr, neues Aufräumen. Ich fange mit dem Kleiderschrank an und stelle mir die Eieruhr auf 15 Minuten. Den Trick habe ich natürlich aus einem Ratgeber.

Es fängt leicht an.

Eine erste Bluse wird aussortiert. Ich muss allerdings zugeben, dass sie wirklich schon alt ist und zwei kleine Löcher hat…

Ich fange an abzuwägen und staple Anziehsachen, bei denen ich mich später entscheiden möchte. Der Ratgeber nennt das den „Vielleicht-Haufen“. Ich nenne das den „eigentlich-noch-schön-Haufen“. Denn das Oberteil ist schön und ich hatte es öfters im Urlaub an. Okay, im letzten Urlaub nicht. Da hatte ich es gar nicht eingepackt. Und davor? Nein, auch nicht, weil da waren wir doch in Österreich. Aber in der Bretagne hatte ich es an. Es gibt sogar ein Foto. Das war 2013. Ach so. Okay. Ich sortiere es aus. Moment, die Farbe ist aber sehr gut. Das wäre etwas für Karneval. Also ab mit dem Shirt auf einen Haufen für die Karnevalskiste.

Ich bin Rheinländerin. Ich feire ab und ab Karneval und kaufe selten Kostüme von der Stange. Ich stelle selber zusammen, verändere etwas oder nähe ein bisschen. Und irgendwann kommt Karneval ja wieder. Ich muss zugeben, dass vier Karnevalskisten im Keller stehen. Egal. Das kleine Oberteil wird noch irgendwo reinpassen. Zu den Kisten zähle ich nicht die Tüten mit Hüten oder sonstigen Unförmigen.

Wieder zum Kleiderschrank. Weiter geht es. Dieses Shirt steht mir doch gut. Warum sollte ich gerade dieses Shirt weg tun? Ziehe ich doch immer auf Wanderungen an. Oder? Das nächste Mal fange ich mit den Hosen an. Ich finde da verändert sich die Mode schneller.

So wird das nichts. Da sehe ich eine Kiste mit mindestens 25 Gürteln. Das sind ja viel zu viele. Das kann ich gut aussortieren. Endlich wieder mehr Platz zu haben, ist mein Traum. Dieser Gürtel ist wirklich sehr breit, ziehe ich auch nicht mehr an. Aber zu einem Indianerkostüm würde er hervorragend passen. Ab ins Karnevalslager.

Die 15 Minuten sind um. Anschließend dauert es nur vier Tage bis die Sachen in der Karnevalskiste im Keller sind und andere Oberteile, die nicht mehr in Ordnung waren im Müll. Ich sollte anders planen.

Ich besitze tausende von Kugelschreibern, Bleistiften und anderweitigen Stiften. Diese liegen in tausend Ecken, Schubladen, Kommoden und Tischen in der Wohnung. Aber immer, wenn ich etwas schreiben möchte und einen Stift packe, tut es dieser nicht. Ich beschließe Stifte auszusortieren und mich von diesem Ballast zu trennen. Die Eieruhr tickt ihre 15 Minuten ab.

Stifte gehen leicht. Schnell sind die aussortiert, die kleben, keine Mine haben oder sonstige Mängel aufweisen. Dann fange ich an zu träumen. Dieser Stift mit der türkisen Mine ist doch wunderschön, den bekommt beim nächsten Besuch meine Nichte. Also folgen Stapel nach Personen. Ich komme zügig voran. Brauche aber trotzdem die 15 Minuten. Und weitere 14 Wochen bis die Stifte verschenkt, mitgegeben oder verteilt wurden.

An Geschirr braucht man nicht viel, oder? Aber ich bin Rheinländerin also gesellig. Und auch, wenn die Gläser nicht mehr zusammenpassen und sie mir 359 Tage im Jahr im Weg stehen, behalte ich sie. Na wegen der Gäste. Wegen der Partys, die wir ab und zu hatten und nach Corona wieder haben werden. Ich möchte mir nicht eingestehen, dass es da hinten, ganz hinten im Schrank Gläser gibt, die den Staub von mindestens 10 Jahren an sich haben. Ach, ich sortiere sie ein andermal aus.

Teller brauche ich immer. Ich koche gerne. Sehr gerne für Gäste. Auch wenn wir im Alltag immer die gleichen Teller benutzen, kann ich doch mein Sammelsurium an Einzeltellern nicht wegwerfen. Habe ich sie doch von der Familie geschenkt bekommen (die sehr wahrscheinlich aussortiert hat). Ist doch quasi geerbt.

Dieses Denken rächt sich allerdings. Als ich mit meinem Sohn sein Zimmer durchforste, um nach Kleinigkeiten für den Tausch-Tag an der Schule raussuchen, hallt es in meinen Ohren „Mama nein, das ist doch ein Erbstück“.

In meiner Erinnerung hat ein Erbstück etwas mit Wert, mit Gold, mit Tradition, mit etwas das mindestens schon von vor zwei Generationen angeschafft wurde, zu tun. Wie kann er das von seinem Onkel angemalte Playmobilauto für ein Erbstück halten? Nicht, dass ich je Gold oder besonders materiell wertvolle Gegenstände geerbt hätte.

Unser Zug durch das Kinderzimmer wird eine Irrfahrt. Alles möchte er behalten. Vieles ist gefühlt ein Erbstück, obwohl wir es irgendwann mal auf dem Flohmarkt erstanden haben. Das hat er von mir. Und auch der Tausch-Gedanke, dass er dafür doch etwas anderes tolles bekommt, lockt ihn nicht.

Keller ausmisten – auch schön

Ich bin keine Sammlerin. Ich behalte nur Sachen, die ich irgendwann gebrauchen könnte. Zum Beispiel, wenn wir in ein Schloss ziehen würden, Dann hätte ich genügend Dekoration, um die vielen Zimmer nicht kahl aussehen zu lassen. Ist doch toll.

Ich muss mich wohl entscheiden. Entweder weiter volle Schränke oder bei der nächsten Party einfach mal ein Glas zwischendurch spülen, wenn es keines mehr gibt.

Ich werde auf jeden Fall öfters die Eieruhr auf 15 Minuten plus die Wochen drauf gerechnet, stellen, in denen ich Aussortiertes verschenke, auf einem Online-Marktplatz anbiete, mitgebe oder zum Müll fahre. Das Gute ist, ich habe nur eine Eieruhr. Die kann ich nicht aussortieren.

Herzlichst Eure Frau Schmitz